Mitteilung
Gemeinsamer Aufruf aller Länderbeauftragten für Aussiedler und Vertriebene
„Wider eine Zukunft in der Vergangenheit. Europa darf nicht erneut zum Kontinent von Flucht und Vertreibung werden“
Der 24. Februar 2022 ist seit dem Zweiten Weltkrieg einer der dunkelsten Tage in Europa. Mit größter Bestürzung und tiefer Anteilnahme für die Leidtragenden haben wir die kriegerische Eskalation in der Ukraine zur Kenntnis genommen. Millionen unschuldige Menschen, darunter viele Frauen und Kinder, sehen sich völlig unvermittelt einer tödlichen Bedrohung gegenüber. Infolge dieser Entwicklung sind sie von Flucht und Vertreibung betroffen. Angesichts der erschütternden Bilder von Krieg und Flucht, die uns gegenwärtig aus der Ukraine erreichen, rufen wir eine der wichtigsten Aufforderungen aus der Charta der deutschen Heimatvertriebenen von 1950 ins Gedächtnis: „Wir werden jedes Beginnen mit allen Kräften unterstützen, das auf die Schaffung eines geeinten Europas gerichtet ist, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können.“
Als Beauftragte der Länder für Aussiedler und Vertriebene hätten wir nicht für möglich gehalten, dass dies im Europa des 21. Jahrhunderts geschieht. Ein Dreivierteljahrhundert nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und nach der Vertreibung der Deutschen aus Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa erleben wir in Europa eine Rückkehr von Krieg, brutaler Machtpolitik und damit verbunden Angst, Elend und Heimatverlust der von diesem Krieg Betroffenen. Eingedenk der Folgen, die Krieg, Leiden, Flucht und Vertreibung für die Menschen mit sich bringen, verurteilen wir entschieden diejenigen, die dafür verantwortlich sind. Wir fordern die Menschen in unserem Land auf, die Menschen, die nun als Geflüchtete und Vertriebene zu uns kommen werden, nach Kräften zu unterstützen und alles dafür zu tun, ihr Leid zu mindern. Sie verdienen - wie auch die Heimatvertriebenen vor gut 75 Jahren - unsere volle Solidarität und Empathie und sind uns von Herzen willkommen.
Das gilt in gleicher Weise auch für unsere noch in der Ukraine als autochthone deutsche Minderheit lebenden Landsleute, die – sofern auch sie zur Flucht gezwungen sein sollten – hier als Spätaussiedler Aufnahme finden können. Wir begrüßen es, dass das Bundesministerium des Inneren und für Heimat für deren Aufnahme in Deutschland eine Ausnahmeregelung im Härtefallverfahren vorsieht, um diese zu erleichtern. Gleichzeitig ersuchen wir die politisch Verantwortlichen in Europa und weltweit, dafür Sorge zu tragen, dass sich Geschichte nicht wiederholt. Die Zeit darf nicht zurückgedreht werden. Vertreibung bedeutet immer Unrecht. Wir sind in Gedanken bei den Menschen in der Ukraine, die augenblicklich Schreckliches erleben müssen.